/me

2016-06-17 10:17:33 (UTC)

erwachsene Kinder von Alkoholikern

Musik: NERVOSA - Victim of yourself

[1]
"Informationen für erwachsene Kinder aus Suchtfamilien
von Henning Mielke

„In mir war immer eine Trauer, deren Ursache ich vergessen hatte.“
(ein erwachsenes Kind, anonym)

Erwachsene, die als Kinder in einer alkohol- oder suchtkranken Familie aufgewachsen sind, tragen ihre Kindheit als unsichtbare Bürde mit sich herum. Seit Kindertagen sind sie daran gewöhnt, ihre Gefühle auf „Stand-by“ zu schalten, den eigenen Wahrnehmungen und anderen Menschen zu misstrauen.

Rede nicht!
Vertraue nicht!
Fühle nicht!

Die Befolgung dieser in jeder Suchtfamilie geltenden Gebote half ihnen, halbwegs unbeschadet durch die Kindheit zu kommen. (...)"


*ähem* Wer würde das folgende nicht von sich behaupten?

[x] Streben Sie immerzu nach Anerkennung und Bestätigung?
[x]Fällt es Ihnen schwer, Ihre Fähigkeiten anzuerkennen?
[x]Haben Sie Angst vor Kritik?
[x]Neigen Sie dazu, sich zu übernehmen?
[x]Macht Ihnen Ihr zwanghaftes Verhalten Probleme?
[?]Haben Sie einen Hang zur Perfektion?
[x]Fühlen Sie sich unbehaglich, wenn Ihr Leben glatt verläuft? Malen Sie sich dann künftige
Schwierigkeiten aus?
[x]Fühlen Sie sich lebendiger, wenn es drunter und drüber geht?
[ ]Fühlen Sie sich immer noch für andere verantwortlich, so wie früher für den Trinker?
[x]Finden Sie es einfach, für andere da zu sein, haben aber Mühe, gut zu sich selbst zu sein?
[x]Kapseln Sie sich ab?
[?]Machen Ihnen Autoritätspersonen und wütende Menschen Angst?
[x]Fühlen Sie sich von einzelnen Personen oder von ihrer Umgebung ausgenutzt?
[?]Bereiten Ihnen intime Beziehungen Probleme?
[ ]Halten Sie Mitleid für Liebe, genau wie früher im Umgang mit dem Trinker?
[x]Ziehen Sie Menschen mit Problemen an oder suchen Sie solche?
[ ]Klammern Sie sich an Beziehungen, aus Angst vor dem Alleinsein?
[x] Misstrauen Sie häufig Ihren eigenen Gefühlen, so wie denen anderer?
[x]Haben Sie Mühe, aus sich herauszugehen?
[x] Glauben sie, dass das Trinken eines Elternteils sich negativ auf Sie ausgewirkt haben könnte?

Naaaaja, auch hier würden die meisten wohl mehrere Häkchen setzen.

[x]mangelnde Selbstannahme
[?]Probleme, Partnerschaften einzugehen und zu leben
[?]Probleme mit der Berufswahl und der beruflichen Entfaltung
[x]Neigung zur Überverantwortlichkeit und Kontrolle gegenüber anderen Menschen
[x]Selbstzweifel
]x]Ängste
[?]Depressionen
[?]psychosomatische Beschwerden
[x]selbstschädigendes Verhalten
[ ]Suchtprobleme
[ ]Co-Abhängigkeit

------------------------------------

Ich habe das wegen des Gesprächs mit der Kollegin gestern recherchiert. Da Blöde daran ist, wenn die Narben in meiner Haut tatsächlich mit dem Alkoholismus meines Vaters zusammenhängen, dann mag ich sie nicht mehr. Der erste Schritt, das Schneiden zu beenden, war, nur dann zu schneiden, wenn der Anlaß würdig war. Ich wollte keine Wunden, die irgendeine Art von Täter in meiner Haut verewigen.

UND die ersten Schnitte setzte ich mir mit 17 oder 18 Jahren, als ich quasi nicht mehr zu Hause wohnte, sondern im Lehrlingswohnheim. Dabei ging es nicht um SVV, sondern es war eine Art Suizidversuch, bei dem mich mittendrin der Mut verließ. Das sind die Narben an meinem linken Unteram und Handgelenk. Wenn ihr die sehen könntet, wüßtet ihr, was ich mit "der Mut hat mich auf halbem Wege verlassen" meine.

Die frühen Suizidversuche und das Überdosieren und der Medikamentenmißbrauch waren zweifellos enger mit meinem Vater assoziiert, respektive mit der Situation damals. Allerdings geht auch mein Interesse an Büchern direkt auf ihn zurück. Nein, das macht ihn nicht zu einem besseren Menschen und es ändert auch nichts an der damaligen Situation. Und es macht mich gerade zornig.

--------------------------------

[2]
"Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien tragen häufig sehr schmerzliche Gefühle und Verletzungen aus der Vergangenheit in sich, die ihr ganzes Leben lang ihre Auswirkungen zeigen (können). Doch sie entwickeln auch ganz besondere Stärken. Diese werden leider noch viel zu selten aufgezeigt (Defizit statt Ressource?) und daher auf dieser Seite zuerst angeführt.

DIE STÄRKEN DER ERWACHSENEN KINDER

Das Durchhaltevermögen
Haben Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien zu etwas einmal wirklich Vertrauen gefasst, dann hält sie nichts mehr auf. Wo andere längst aufgeben, beißen sie die Zähne zusammen und machen weiter. Dies trifft besonders auf Kinder zu, die im Familiensystem beim Meistern von Krisen immer wieder einen wichtigen Beitrag geleistet haben. Nach dem Motto: „Geht nicht, gibt’s nicht“ machen Kinder aus Suchtfamilien so oft Unmögliches möglich.

Die Belastbarkeit
Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien können außergewöhnliche Belastungen in hohem Maße tragen und auch bewältigen. Schwerste Krisen, die sie mit anderen durchstehen oder auch große Erfolge – sie leisten oft Unglaubliches und halten dies für nichts Erwähnenswertes, denn das Ausmaß, was sie schaffen, ist ihnen gar nicht bewusst. Sie zeigen eine hohe Bereitwilligkeit, Schwierigkeiten anzugehen, die anderen Menschen oft Angst machen. Auch besonderen Mut können sie ihr eigen nennen. Dieser muss jedoch oft erst ausgegraben werden – mit der Unterstützung wohlwollender Menschen kann dies sehr gut gelingen.

Die Feinfühligkeit
Häufig wissen Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien ganz genau und oft sogar früher, was andere brauchen. Sie entwickeln sich sehr oft zu kompetenten Menschenkennern. Es wird vermutet, dass sich bei ihnen die Spiegelneuronen (diese sind die Grundlage unseres Mitgefühls für andere Menschen) für ganz besonders gut ausgebildet haben. Diese Sensibilität wird für Betroffene oft auch als anstrengend empfunden (auch das sogenannte „Bauchgefühl“ meldet sich sehr häufig). Doch dies ergibt auch eine sehr hohe soziale Kompetenz und die Erwachsenen Kinder haben die Gabe, schwierige Menschen anzuleiten und/oder ungewöhnliche Gruppenkonstellationen zu managen.

Die Treue
Behandelt sie gut und sie werden eure treuesten Freunde sein. Viele Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien zeichnen sich dadurch aus, dass sie äußerst treue Wegbegleiter sind. Sie wissen um die Macken ihrer Freunde und haben sie ihnen gegenüber erst einmal ihr Herz geöffnet, verzeihen sie meist viel. Sehr konsequent sind sie allerdings auch bei sehr großer Enttäuschung – haben sie ihr Herz verschlossen, bleiben sie dieser Entscheidung ebenfalls sehr treu.

Die soziale Kompetenz
Kinder in Alkoholikerfamilien haben häufig nur außerhalb des Familienkreises die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Da sie schon früh gelernt haben, mit schwierigen Menschen umzugehen, verfügen sie im späteren Erwachsenenleben über hohe integrative Fähigkeiten und vermögen Menschen, die sich mit anderen schwer tun, einzubinden und mit einzubeziehen.

Die Flexibilität
Kinder in Alkoholikerfamilien müssen sich immer wieder auf neue, sich oft schnell ändernde Situationen einstellen. Nichts ist sicher und sie müssen häufig täglich neue Krisen bewältigen. Sie entwickeln in einem hohen Maß die Fähigkeit, sich schnell auf Überraschendes und Unerwartetes einzustellen, schnell geeignete Lösungen zu finden und selbst schwierige Dinge in den Griff zu bekommen. Hier ist häufig auch Kreativität gefragt. Oft sind diese Kinder künstlerisch begabt und mit diesen Fähigkeiten können sie sehr erfolgreich sein – sie dürfen sich nur durch kleine Fehler nicht selbst entwerten.

Die Stimmungen
Kinder in und aus Alkoholikerfamilien besitzen eine besondere Antenne für Stimmungen anderer Menschen und können sich sehr gut auf sie einstellen. Dies kommt ihnen bei Freundschaften und Beziehungen, aber auch im beruflichen Kontext, in denen diese Eigenschaften gefragt sind, zugute. So eignen sich Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien häufig gut für Berufe im gesundheitlichen, therapeutischen und sozialen Bereich.

Der Humor
Dank ihres großen Einfühlungsvermögens wissen Kinder aus Alkoholikerfamilien häufig sehr genau, was ihr Gegenüber gerade braucht. So wie sie als Kinder oftmals versucht haben, ihre Familie aufzuheitern, tun sie dies auch als Erwachsene – dies kann eine Quelle großer Lebensfreude für Betroffene und andere sein. Wenn alles in Schutt und Asche liegt, kann ein Erwachsenes Kind häufig im nächsten Moment schallend über etwas lachen. Nachweislich werden beim Lachen Glückshormone freigesetzt und dies ist eine äußerst gelungene Lösung für ihre Gesunderhaltung.

Die Alkoholabhängigkeit eines Elternteils (oder beider Elternteile) hinterlassen jedoch auch häufig (bei ca. zwei Drittel betroffener Kinder) sehr schmerzliche Spuren im Leben der Erwachsenen Kinder, die diese manchmal ein Leben lang in sich tragen.

DIE SPUREN DER KINDHEIT

Die Fassade
Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien leben häufig hinter einer perfekten Fassade und Außenstehende würden niemals vermuten, was sich dahinter verbirgt.

Der Perfektionismus
Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien neigen zum Perfektionismus oder kümmern sich bis zur Selbstaufgabe um andere. Gerade in Partnerbeziehungen kommen diese Probleme zum Tragen. Sie suchen Nähe und finden sie nicht, da sie immer wieder Partner wählen, die selbst abhängig, unerreichbar oder bindungsunfähig sind. Sie erleben häufig, dass sie allein gelassen werden und fühlen sich überfordert – genau wie in ihrer eigenen Kindheit.

Die Abhängigkeit
Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien sind gefährdet, in eine Abhängigkeit zu geraten, da sie es nicht anders kennengelernt haben, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Das Risiko für ein Kind aus einer suchtbelasteten Familie, selbst suchtkrank zu werden, ist im Vergleich zu Kindern aus unbelasteten Familien ca. um das 6- bis 8-fache erhöht.
30%–50% von Kindern aus Suchtfamilien werden selbst im Laufe ihres Lebens suchtkrank, wobei der Eintritt der Störung im Durchschnitt früher als bei Alkoholabhängigen passiert, die aus einer nicht suchtbelasteten Familie stammen.

Die Belastungen
Erwachsene Kinder sind außerdem mit vielen anderen klinisch - psychologischen Diagnosen sehr häufig belastet (z.B. Stimmungsveränderungen, die meist in Richtung Depressionen gehen, Schizophrenien, psychosomatischer Störungen, Borderlinestörungen und antisoziale Persönlichkeitsstörungen - z.B. niedrige Schwelle für aggressives und gewalttätiges Verhalten).

Die Glaubenssätze
Viele Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien sind der Meinung, sie hätten kein besseres Leben verdient. Wie kleine Kinder sehr bald in Rollen schlüpfen (siehe unter der Rubrik: Die kleinen Kinder), um ihre Kindheit überstehen zu können, beginnen Erwachsene Kinder immer mehr, nach ganz bestimmten Glaubenssätzen zu leben. Und erreichen im Endeffekt nur eines – dass sie immer wieder selbst leiden müssen und sich der Sog der Abhängigkeit durch ihr gesamtes Leben zieht!

1. Kontrolliere deine Gefühle und verleugne alle Gefühle, die eigene
emotionale Verletzlichkeit und Schwächen zeigen können.
2. Die Bedürfnisse der anderen in der Familie sind wichtiger als die
eigenen.
3. Man darf sich nicht abgrenzen und die Verantwortung anderen
überlassen, weil man sich dann schuldig machen würde.
4. Es gibt nur ein entweder – oder in Beziehungen.
5. Wenn man sich auf Nähe einlässt, dann muss man aber auch ganz
für den anderen da sein.
6. Wenn man außerhalb der Familie zu erfolgreich ist, hat man es
eigentlich gar nicht verdient, zumindest so lange, wie es anderen
in der Familie noch schlecht geht.
7. Eigene Bedürfnisse dürfen, wenn überhaupt, nur über den Umweg
geäußert werden, dass sie als die Bedürfnisse anderer interpretiert
werden.
8. Konflikte dürfen nicht direkt geklärt und geäußert werden.
9. Man ist entweder ganz stark, aber dann muss man auch alle
Verantwortung übernehmen, oder man ist ganz schwach, dann hat
man aber auch keinerlei Verantwortung.

Dass sich diese Glaubenssätze letztlich bis hin in die Realität des Erwachsenenlebens fortsetzen, wird aus der klinisch - psychologischen Praxis mit Erwachsenen Kindern aus Suchtfamilien oft deutlich.

Die Folgen
Für Erwachsene Kinder aus Alkoholikerfamilien sind Erfahrungen vom Ausüben der Rollenmuster oder Erleben von Gewalt etc. als eine ernsthafte Bedrohung der seelischen und körperlichen Gesundheit anzusehen.

Die häufigste Folge ist das Risiko, selbst suchtkrank zu werden, was auch die Abhängigkeit von illegalen Drogen umfassen kann. Suchtmittelkonsum ist hierbei oft als Versuch der Selbstheilung bzw. Selbststeuerung aufzufassen, der zuletzt doch immer zum Scheitern verurteilt ist."


[1] https://www.nacoa.de/images/stories/pdfs/neu/nacoa_infos.pdf

[2] http://www.fingerzeig.at/_rubric/index.php?rubric=Die Erwachsenen Kinder




Ad: