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2009-06-03 07:36:13 (UTC)

Der erste Monat

Ich habe ein Schreiben an die ARGE aufgesetzt. Darin teile
ich der ARGE mit, daß ich Arbeit fand (ich reibe denen auch
unter die Nase, daß ich die Stelle durch eigene
Anstrengungen fand), ich teile die Dauer der Befristung mit
und das ich für die Dauer der Beschäftigung auf Leistungen
nach SGB 2 verzichte. Das sollte doch ausreichen, oder? In
dem Formular welches ich von der ARGE bekam, wurden viel
mehr Dinge erfragt und zwar mit dem Ziel, den Lohn auf
HARTZ 4 anzurechnen.


Ich traf meinen Vermieter beim Einkaufen. Nach ein wenig
Smalltalk eröffnete er mir, daß die Dachterrasse ausgebaut
werden soll und das, "äh, also, das ist ja nicht akut,
aber es kann akut werden und dann, also da muß man ja
drüber reden."

Ich vermute, er will die Miete erhöhen. Er sagte, ich
sei "ja ein so sympathischer junger Mann" und ich
solle "Gas geben". Der Typ glaubt tatsächlich, als
Stellensuchender sei man unabhängig von der Wirtschaftslage
und den Arbeitgebern und könne die Höhe des Gehalts frei
bestimmen. Er gehört zur Generation die kurz nach dem WK2
in D. aufwuchs. Damals gab es Arbeit ohne Ende. Heute gibt
es Arbeitslose ohne Ende. Die Situation ist nunmehr eine
andere. Er glaubt, man fände eine ausreichend bezahlte
Stelle wenn man sich nur genügend anstrengt.

Ich bin froh zumindest halbwegs gut bezahlt zu werden und
nehme die knapp 25 Überstunden des ersten Monats hin, die
im übrigen nicht ausbezahlt werden. Ich äußere mich auch
nicht zu Schichten mit 10, mit 11 Stunden Länge. und ich
schweige zu dem Umstand, daß ich als *Ergänzungs*kraft die
Verantwortung für meinen Wohnbereich zuweilen komplett
allein trage, ohne für das Mehr an Verantwortung ein Mehr
an Lohn zu bekommen, denn das ist, wie es überall ist und
immer schon war. Dennoch ist es nicht in Ordnung. Wenn ich
Verantwortung trage, wie eine Fachkraft sie trägt, will ich
auch wie eine Fachkraft bezahlt werden.

Der Typ der mich einarbeitet bzw. eingearbeitet hat, fragt
dauernd "Na, haste die Schnauze noch nich' voll?". Das
beunruhigt mich allmählich, vielleicht sollte ich die
Schnauze voll haben. Keine Ahnung. Und jeder sagt mir, das
Schwierige seien nicht die Behinderten, sondern das
Personal. Ich fragte also nach, ob das Personal sich auch
aus Menschen mit geistiger Behinderung rekrutiert. Mir
kommen die Angestellten nämlich überwiegend normal vor (So
normal wie man das bei Sozialpädagogen und anderen Menschen
mit "Sozial" in der Berufsbezeichnung erwarten darf.) Der
Chef und ich scheinen die einzigen Angestellten ohne Tattoo
zu sein. Mindestens eine Mitarbeiterin scheint Magersüchtig
zu sein, die ist *sowas* von dürr. Und tätowiert. Und
gepierced. Lesbische bzw. bisexuelle Neigungen sowie
soziale Probleme sind nicht ganz auszuschließen.

Im Radio läuft Werbung für Microsofts Suchmaschine. Diese
Werbung ist als redaktioneller Beitrag getarnt. Ich mag es
nicht, verarscht zu werden. Aber wenn ich verarscht werden
soll, soll man sich dabei gefälligst Mühe geben.




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