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plauderei
CRADLE OF FILTH, „Damnation and a day“
alkohol ist einfach nicht meine droge und gestern war kein
guter tag um zu trinken. ich habe sogar ein packung „Club“
geöffnet, die mein bruder mir vor einer halben ewigkeit
mitgebracht hatte.
ich komme gerade aus der dusche und bin so sauber, das es
quietscht, denn ich duschte etwa 30 minuten. normalerweise
dauert das nicht so lange, aber in letzter zeit spüre ich
das dringende bedürfnis, laaaaaaaaaaaange unter der dusche
zu stehen, zunehmend häufiger. meine finger sind ein
bißchen schrumpelig und das kann ich gar nicht leiden, denn
dann fühlt sich alles so anders und unangenehm an. mein
verhältnis zu meinen händen ist nicht das beste. meine
gefährtin ist der ansicht, das ich (wie sollte es sonst
auch sein?) sehr schöne hände habe und insbesondere
gefallen ihr die adern auf den handrücken.
der blick aus dem fenster offenbart die geburt der nacht,
das ende der wehen des tages. das ende _des_ wehen tages.
ich stehe zuweilen ganz gern am fenster und sehe mir die
lichtspiele in den wolken an oder höre mir die stille an,
wenn der mond am himmel steht und die stadt endlich
schweigt. meistens ist es ziemlich laut hier. ich glaube,
ich kann den bahnhof hören oder zumindest irgendwelche
züge. und natürlich idioten die nachts schreckschußwaffen
abfeuern und sonstwie herumlärmen. dabei ist stille so
kostbar. das Nichts ist sehr kostbar. die abwesenheit von
lärm und worten und lügen.
manchmal denke ich an r., der mir die narben in den arm
geschnitten hat. ob ich das mal aufschreiben sollte. jedoch
hatten wir schwer getrunken und ich erinnere mich nicht
genau. es gibt nur zwei bilder. eines, wie er wiederholt in
eine wunde hineinschneidet weil man die buchstaben nicht
genau erkennen kann und vermutlich lassen sich kurven nur
schwer in etwas so bewegliches wie fleisch hineinschneiden.
das zweite bild zeigt mich, wie ich zu hause vor dem
spiegel stehe und die wunde betrachte. ich weiß nicht, wo
ich die nacht verbrachte oder ob ich die wunde irgendwie
verbunden habe. denn es muß ziemlich geblutet haben und ich
erinnere mich an keine kommentare, etwa dergestalt, daß ich
mein bettlaken vollgeblutet hätte.
wir haben viel und oft getrunken damals. es war unüblich,
abends nüchtern zu sein. die tage nach „der Wende“. er muß
mir die narben beigebracht haben, als ich in der ersten
ausbildung war, denn ich erinnere mich an einen
orangefarbenen frotteepullover (ja, es gab eine zeit, in
der ich auch andere farben trug). vermutlich müßte ich die
aktion als schlimm empfinden. tue ich aber nicht. ich bin
ja immer auf der suche nach der antwort auf die
frage „Welches Empfinden wäre normal?“
ich weiß noch das ich im bezug auf die narben dachte, als
ich ihm zusah, wie er die klinge in meinen arm
versenkte, „Das kriegst du im Leben nicht mehr weg“. es tat
auch nicht weh. vermutlich war ich zu besoffen. ich weiß
auch gar nicht, wie er auf die idee kam oder woher er die
rasierklinge hatte. rock’n’roll.
er hat dann jahre später eine gemeinsame freundin
vergewaltigt. aber das habe ich schonmal erzählt, oder? er
hat ihre schamhaare abrasiert, bis das mädel blutete und
dann hat er sie vergewaltigt. und auch hier weiß ich, das
ich das als schlimm empfinden sollte und tatsächlich
wundere ich mich darüber und fühle mich schuldig, weil ich
nichts empfinde, so als sei das nur ein wirrer traum
gewesen, daß sie mir das erzählt hat.
so, ihr lieben, mein teewasser kocht. wenn es YUNNAN im
beutel gäbe, das wäre die wucht in tüten. meine teetasse
ist schwarz und faßt etwa 0,5 liter flüssigkeit. tee ist
was feines, so unschuldig.
mein aktueller tee ist eine mischung aus assam und noch
irgendwas. assam deshalb, weil es für einen raucher
unsinnig ist, feinen darjeeling zu trinken. wegen des
belages auf der zunge.
assamtee bildet eine zarte bitternote aus, die ich
grundsätzlich sehr schätze. ich mag sachen, die ein wenig
bitter schmecken. schweppes, wermut, konfitüre aus
bitterorangen...
ich mag brötchen, wenn sie dunkler sind. aber im westen
gibt’s keine ordentlichen brötchen. die sind meistens
irgendwie labberig. ich mag die himbeerkonfitüre von meiner
großmutter, weil sie weniger zucker enthält und tatsächlich
nach himbeeren schmeckt. und ich mag zimtbraten und
porreekuchen und sowas. meine gefährtin kann kochen ! mein
lieber mann! ihr seid zu bedauern weil ihr es nicht
schmecken könnt.
du siehst, ich bin fähig, das leben zu genießen wenn es mal
etwas genießbares daran gibt. mein body-mass-index liegt
bei 27. irgendwann muß mich mal dicker gewesen sein, denn
ich besitze eine hose, die ziemlich umfangreich ist. ich
kann mich zwar nicht erinnern, daß ich mal dick war, aber
wozu soll sonst die hose nötig gewesen sein?
in dem schrank hinter mir, in einer silbern schimmernde
blechdose liege die briefe aus der zeit, als meine
gefährtin und ich uns kennenlernten. ich denke, ich sollte
sie mal lesen, traue mich jedoch nicht. und in der grünen
armeetasche hinten rechts sind andere briefe, die ebenfalls
von mir stammen. keine ahnung, wieso ich das alles
aufbewahre. wieso bewahrt man dinge auf, wenn sich weigert,
sie zu benutzen? menschen sind seltsame wesen. richtige
wundertüten. nur spannend, solange sie ungeöffnet sind,
denn der inhalt ist meistens irgendwelcher schund und ist
deshalb enttäuschend. mal im ernst. die sachen die in so
einer wundertüte drin sind, würde man sich einzeln doch gar
nicht kaufen. (nein, das ist nicht abwertend. man kann
menschen nicht abwerten. es ist nicht möglich, etwas
derartiges noch schlechter zu machen.)