/me

2003-08-28 13:32:25 (UTC)

sterben und tod

ich hätte es wissen müssen. wenn verschollene kontakte sich
wieder melden, dann weil sie probleme haben. die
platonische freundin hat probleme und hat sich gemeldet.
ich habe sie im i-net gesucht und fand eine datei im pdf-
format die ich schon kannte. was ich noch fand, war die
site ihrer freundin die allerdings nichts für mich
wichtiges enthielt. das i-net ist eine gigantische
bibliothek.

nachdem ich bei psydoc gewesen bin, ging ich zur
krankenkasse wo sich ein angestellter oberlehrerhaft vor
mir aufbaute und mich fragte, ob ich den antrag schon
gestellt hätte. der arsch! der schmierenschauspieler !
legte dramatische pausen ein, blickte auf den bildschirm –
pause- sah mir in die augen – pause- auf den bildschirm –
pause-
*bedrohlicher unterton* Haben Sie den Antrag schon
gestellt?
Nein.
*bedrohlicher unterton* Aber die Aufforderung haben Sie
erhalten?!
Ja.
*lauernder unterton* Sie wissen das wir die Zahlungen
einstellen werden?

Solange ich andere Möglichkeiten habe, werde ich diesen
Antrag nicht unterschreiben. Was mich stört ist, das der
Antrag als Rentenantrag genutzt werden wird. Ich will nicht
in Rente gehen.

*drohender ton* Das müssen Sie wissen. Wir werden die
Zahlungen am 4ten einstellen. *pause, dann in
gnadeerweisendem ton* Ich werde das Geld überweisen.

aber, mein leser, es gibt auch erfreuliches zu berichten.
zum einen ist erfreulich, das der krankenkassenwichser mich
nicht einschüchtern konnte und zum anderen : DER HERBST IST
NAH
die zeit der kräftigen suppen, des tees, des regens und der
stürme.
~~
th fragte mich in der letzten oder vorletzten stunde nach
den sterbenden und toten die ich gesehen habe. fünf vergaß
ich zu erwähnen:

eine frau mit unterleibskrebs. ihre geschlechtsöffnungen
waren jauchige dunkle löcher, zerfressen und stinkend. sie
bekam morphium gegen die schmerzen und mir schien die dosis
sehr hoch denn die frau war von dem medikament tagelang,
bis zu ihrem tod, vollkommen weggetreten. als ich fragte,
ob die dosis nicht sehr hoch sei, standen plötzlich und
ganz dramatisch alle schwestern und ärzte der station um
mich herum und wollten wissen, ob ich vielleicht arzt sei
und was mir einfiele usw.
ich hielt es nie lange im zimmer der frau aus, die mich
durch ihren lebensmut beeindruckte. ihr anblick tat mir
fast körperlich weh. bis zu dem tag, als sie das morphium
bekam.

der zweiten frau war nach einem mammakarzinom dieselbe
abgenommen worden und der halbe oberkörper schien ihr
wegzufaulen, sah grün und schimmelig aus, die frau wurde
zum sterben nach hause entlassen. ich habe sie nicht
verbinden können weil ihr alles wehtat oder ich den
eindruck hatte, alles was ich an ihr tat, verursache ihr
schmerzen.

der dritte tote war ein fünftausend gramm (5000 g) baby.
eine totgeburt. seine mutter war unglaublich dick. und so
konnten die ärzte die herztöne des babys vor seiner gebrut
nur schwach hören. irgendwann hörten sie sie nicht mehr.
der leichnam wurde der frau aber erst am tag danach
herausoperiert. ich sollte sitzwache halten und mich um die
frau kümmern. ich war azubi und wußte nicht, was ich der
frau sagen soll. was soll man auch sagen, in dieser
situation? „nehmen sie hundert kilo ab wenn sie ein baby
gebären wollen“ ? oder „das kind ist gestorben weil sie zu
fett sind“?
ihr mann hatte eine torte (schwarzwälder kirsch *lecker*)
und eine kanne kaffee mitgebracht um die geburt seines
sohnes zu feiern.
die frau wollte den leichnam sehen, der arzt brachte ihn
ihr und seine haut löste sich bereits ab. sie war grün-
schwarz-blau verfärbt und dort, wo die haut berührt wurde,
platzte sie auf und hing in kleinen fetzen hinunter.
und ich sollte die frau trösten. konnte ich nicht, tat ich
nicht.
der arzt kritisierte die schwestern später dafür, mir diese
aufgabe zugeteilt zu haben. aber vielleicht bilde ich mir
das nur ein weil ich will, das es so gewesen sei.

ein mann auf der chirurgie. ein raucher. erst nahmen sie
ihm die beine scheibchenweise ab, dann das gesäß. ein
absurder anblick, dann starb er und die verwandten
photographierten sein zimmer.

eine frau im altenheim, sie verweigerte die
nahrungsaufnahme. zu beginn versuchte jeder, auch ich, ihr
essen und trinken mit mehr oder weniger nachdruck zu
verabreichen. sie war glücklicherweise genügend bei
verstand um den mund geschlossen zu halten. wir hörten auf,
nahrung und flüssigkeit in sie hineinzuzwingen.


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