/me

2001-12-20 15:31:49 (UTC)

mail


die mail :

mir ist gerade etwas aufgefallen - ein Gedankenblitz

Fast alle Menschen, die ich im Internet
kennengelernt
habe denken so wie sie schreiben - "vorwärts", in
logischen Zusammenhängen, in kurzen Sätzen.

Ich war gerade bei objectproject.net, hab ein paar
deiner Beiträge gelesen und deine mail vom 24.11.
noch
einmal Revue passieren lassen.

Beim Lesen habe ich bei dir ein Gefühl, dass ich nur
schwer beschreiben kann.
Es ist, als ob alles in Moll geschrieben wäre, eine
kleine Symphonie, in der man von einer "Note" zur
nächsten geführt wird. Für mich ist es jedenfalls
immer sehr angenehm etwas von dir zu lesen, ich kann
mich auf den Inhalt und die Wirkung der Wörter
konzentrieren, ohne Störungen.
... es mag daran liegen, dass ich mich danach sehne
nicht völlig unverstanden zu sein, aber ich bemerke
oft das, was andere Menschen als "spirituelle Ebene"
oder "gleiche Wellenlänge" nennen *g*.

Auch habe ich bei deinen Grüssen und Wünschen immer
Ehrlichkeit wahrgenommen. Ich hasse geheuchelte
Freundlichkeit oder leichtfertige Nettigkeiten, aber
ich glaube da sind wir uns einig :P.


Kurzum ...
Ich wollte dich etwas fragen, was ich sonst nur
wenige
Menschen fragen könnte.
Hast du das Gefühl, dass sich etwas in deinem Leben
verändert oder trittst du auf der Stelle ? Natürlich
versucht jeder - mancher mehr und anderer weniger -
in
sein Leben einzugreifen, aber viel zu oft ist es das
"Schicksal", was das Leben lenkt; man kann nichts
beeinflussen und ist dem ganzen ausgeliefert.

Du hast mir gesagt, dass sich nicht viel geändert
hat,
an mancher Stelle ist eine Last verschwunden, dafür
an
anderer eine neue entstanden.


Sicher ist es auch die Hoffnung ehrlich bestätigt zu
bekommen, dass es nicht müßig ist aktiv zu sein,
egal
wie viel Kraft es erfordert, aber die
Scheinheiligkeiten und Selbstlügen von Menschen, die
es "einen Monat ohne geschafft haben" oder etwas
dergleichen brauche ich nicht.

Hast du dich schon entschieden in eine Klinik zu
gehen
? Wie gehst du mit der "Bevormundung" um (die ja
meist
in annehmbaren Maßen verläuft, bei Erwachsenen
grenzt
es ja eher an einer Betreuung) ?
Falls du dich noch nicht enttschieden hast, dann
lass
dir Zeit damit, ich glaube wirklich, dass ein
Kliniksaufenthalt viel bewirken kann, aber nur, wenn
nichts zwischen einem und dem Willen sich in eine
Klinik zu begeben steht.

... ich habe gerade "den Faden" verloren und bin
malwieder meinen Stimmungsschwankungen ausgeliefert,
deswegen werde ich dir ein anderes Mal etwas
ausführlicher schreiben (Borderline ist gleichsam
lustig wie anstrengend, ich hasse diese wunderschöne
"Krankheit").


alles Gute und, auch wenn ich nichts um Weihnachten
gebe, wünsche ich dir ein paar angenehme, nicht
kommerzielle Tage, ohne geheuchelte Freundlichkeit
und
gelogener Friede/Freude/Eierkuchen-Stimmung !

[name]

meine Entgegnung :

Guten Tag, ich habe Deinen Nick in der Mitgliederliste von
op. gesehen. Bin sehr erfreut. Bei mir hat sich in der Tat
etwas geändert : mein Chef bot mir einen unbefristeten
Arbeitsvertrag an, ich nahm sein Angebot an, meine
Gefährtin ist in Therapie, dadurch geht es ihr zusehends
besser und ich habe die Befürchtung, daß wir uns irgendwann
so fremd werden, das unsere Beziehung zu Ende gehen wird.
Ich bin nicht mehr in der Lage, diese Texte zu schreiben,
ich empfinde die Leere in mir immer stärker, es gibt jeden
Tag mehr Dinge, an denen ich meine Interesse verliere. „Die
Welt“ und insbesondere „die Menschen“ darin erscheinen mir
austauschbar und belanglos. Ich schaffe es morgens mit Müh
und Not zur Arbeit zu gehen ( man kann das auch positiv
sehen, nämlich das ich meine Schatten zu überwinden fähig
bin ). Was noch ? Ich habe fast gar keinen Kontakt mehr zu
meinem Vater und es fällt mir schwer, das Wort „Vater“
auszusprechen oder aufzuschreiben und ich weiß nicht, ob
ich mich da in etwas hineingesteigert habe weil ich soviele
Bücher über Trauma usw. las oder ob es echt ist. Die
Anteile die ich vor kurzem an mir noch als echt empfand,
lösen sich wie Nebel auf. Ich sehe eine Katze in der
Wohnung herumlaufen und nicht MEINE Katze usw. Aber das
geht eigentlich noch. Was mich stärker beunruhigt, ist, das
ich meine Gefährtin immer häufiger ohne etwas zu empfinden,
ansehe. Ich empfinde Fremd- heit wo einst Wärme war. Würde
das alles sich in einem Suizid summieren, würde ich froh
sein. Die Fähigkeit, mich zu suizidieren scheine ich
ebenfalls verloren zu haben. Jedenfalls kommen mir immer
Bedenken, das ich, sollte ich den Versuch überleben, mir
eine Ausrede einfallen lassen müßte, weshalb ich nicht zur
Arbeit gehen kann oder auch, das die Kollegen dann ohne
mich da stünden und das Arbeitspensum nicht bewältigen
könnten weil wir immer sehr knapp besetzt sind. Ich habe
also Gewissensbisse und trauere der Zeit hinterher, als ich
sie noch nicht oder nicht mehr hatte. Da ich also unfähig
zum Suizid bin, bleibt die Alternative des
Klinikaufenthaltes und der Antrag ist gestellt. Ich erwarte
die Antwort darauf mit Ungeduld. Keinesfalls werde ich mich
durch Ärzte oder Klinikpersonal bevormunden lassen ( das
wenigstens ist geblieben, mein starker Freiheitsdrang *g*).
Denn es ist m-e-i-n sogenanntes Leben und alles was ich
damit anstelle unternehme ich eigenverantwortlich. Die
Menschmaschine André funktioniert wie eh und je, vielleicht
sogar noch besser. Ich wünschte, das Denken würde für einen
Tag stillstehen damit ich mich etwas entspannen kann. Ich
würde mich gern mit einigen ATOSIL schlafen legen, das
Heraufdämmern honigschwerer Müdigkeit spüren usw. Das
ATOSIL hat psydoc mir verschrieben weil ich ursprünglich
nach T,. fahren wollte / sollte (es wurde wie immer e-r-w-a-
r-t-e-t das ich auftauche) denn meine Vater hatte 50sten
Geburtstag. Ich fuhr zwar nicht, aber die Pillen haben mir
auch so ein paar entspannte Momente gewährt. Es sind,
natürlich, keine Over – The-Counter –Pillen *protz* ( habe
ich bei a.s.h. gelesen, OTC-Drugs).
Ich führe ein Tagebuch weil ich denke, das ein paar Sachen
daraus vielleicht von meinem künftigen Therapeuten
verwendbar sein werden. Meine linke Schulter ist
mittlerweile so vernarbt, das ich den die Spannung in der
Haut, die durch das Schrumpfen des Narbengewebes bedingt
ist, deutlich spüre, aber was ist schon ein bißchen Haut?
Ich könnte mir ja auch andere Stellen aussuchen, dann würde
es besser verteilt *lol*. Ich lese derzeit SHAKESPERE weil
ich glaube, das seine Dramen sehr erhellend sein können.
Ich will also noch immer lernen und mich dadurch ablenken
von meiner Unzulänglichkeit.
Da ist ein Kern aus nasser Watte in mir, ein Knäuel aus
sich selbst verstärkenden depressiven Gedanken das ich
nicht loswerden kann, mir fehlt schlicht die Kraft, aktiv
zu werden. also werde ich alles in die Hände von
erfahrenen, professionellen psydocs legen und die sollen
mir sagen, was los ist. Oder, wenn das nicht funzt, werde
ich mir am Bahnhof für x-tausend DM bzw EURO heroin kaufen
und es selbst beenden. Es wird aufhören, so oder so,
keinesfalls bin ich bereit, den Scheiß noch weitere 15
Jahre mitzumachen.

Wenn ich in anderer (besserer?) Stimmung bin, sehe ich mich
und die Welt natürlich ganz anders.
Eine genußvolle und stabile Zeit für Dich und die, die Dir
nahe sind.
[name]




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