/me

2009-05-11 18:45:27 (UTC)

4 Tage bis zum Entgelt, schwimmen gehen?!?

[postecke]
In reply to: Arbeitsaufnahme, ARGE neugierig
Message:

unterschriebenes fax reicht. freundliche version von "danke
für nichts, fickt euch."
du wirst zumindest dein gehalt von diesem monat belegen
müssen, kontoauszug und kopie der abrechnung, sofern du in
diesem monat zugleich noch asozialengeld bekommen hast,
wegen der verrechnung, etc. pp.

behindertenpflege ist übrigens die hölle. gratuliere.
(der widerspruch ist ernst gemeint, keine ironie. er
spiegelt ganz gut die arbeit mit behinderten selbst wider,
finde ich.)
------------------

Mit der AGRE muß ich mal sehen wie ichs mache. Vermutlich
hast Du recht.

Der Job ist ungeheuer anstrengend, keine Frage. Aber er ist
sinnvoll. Das macht es besser. Ist ja auch nur für ein paar
Monate und danach vielleicht in einer anderen Einrichtung
desselben Trägers.
[/postecke]

Der Chef ist äußerst engagiert wenn es um "seine"
Behinderten geht. Zuweilen habe ich den Eindruck, es fehle
ihm an der Fähgikeit zur
Distanz, sowohl gegenüber den Behinderten als auch dem
Personal gegenüber.

- mitarbeiter: "...dann kann doch der [name] zum Schwimmen
mitgehen und der dings kann seine Ü-Stunden abbauen."
-chef: "Stimmt"

[chef zu mir]
- "Kannst Du schwimmen?
"Ja, kann ich. Aber ich vertrage das Chlor nicht."
- "Wieäußert'nsichdas?!
"Ich krieg Pickel. ... Und es juckt."

Eine glatte Lüge, natürlich. Aber ich *arbeite* dort und
mich nur in Badehose vor den Betreuten zu zeigen
überschreitet jegliche Grenze. Wäre nur blöde, wenn der
Chef im Schwimmbad nachfragte und die ihm sagten, sie
hätten das Chlor durch Ozon und/oder UV-Licht ersetzt.
Beispielsweise weil Chlor Allergien auslöst.

Ich meine, die sind dort wirklich so richtig engagiert und
jemand der eine Behinderung hat und in dieser Einrichtung
aufgenommen wird, der hat es gut getroffen. Aber was zu
weit geht, geht zu weit. Ich arbeite dort, folglich werde
ich mich auch verhalten wie jemand, der dort arbeitet. Dazu
gehört eine gewisse Distanz. Der Chef würde das anders
sehen, zumindest was seine Beziehung zu den Betreuten
angeht. Der Chef sieht die ihm Anvertrauten eher als seine
Kinder an oder zumindest pflegt er ein kumpeliges
Verhältnis zu ihnen wenn die Situation das her gibt.

Was das Schwimmen angeht - es gibt noch andere Mitarbeiter,
auch weibliche, die kann er fragen, doch ich wette, die
Mitarbeiterinnen fragt er nicht. Dabei sind die... naja,
ich will mal sagen, auf der Straße würde man(n) sich nicht
nach ihnen umdrehen.

Die haben mich unter anderem deshalb angestellt, weil es in
dem Wohnbereich wohl öfter zu fremdaggressiven Handlungen
kommt (zu autoaggressiven sowieso) und ich in deren Augen
anscheinend kräftig genug aussehe. Der eine Behinderte
fummelte die ganze Zeit an meinem Oberarm und kriegte sich
gar nicht mehr ein.

Mit den beiden Autisten komme ich ganz gut zurecht. Mit
dem, der "so richtig" autistisch ist, ein bißchen besser.
Mit dem muß man nicht soviel sprechen. Eigentlich kann man
mit ihm kommunizieren ohne zu reden. Das Reden würde auch
nicht viel bringen, weil der Typ stocktaub ist. Die
Kommunikation erfolgt, indem man ihm, wenn er z.B.
Kartoffeln schälen soll, den Sack mit den Kartoffeln zeigt,
den Kartoffelschäler zeigt, den Kram in die Küche legt und
raus geht. Er kommt dann, schält die Kartoffeln (alle
Kartoffeln die er in der Küche finden kann, da muß man also
aufpassen) sehr ordentlich und geht anschließend wieder auf
sein Zimmer. Er kann es überhaupt nicht leiden, angesehen
zu werden. Er hat so ein bißchen was von RAINMAN und flicht
hochkomplizierte und schön anzusehende Lampenschirme aus
Bast oder sowas. Und er baut Bücher.

Zu den pflegebedürftigen Bewohnern habe ich inzwischen ein
ganz gutes Verhältnis. Das war auch noch nie anders, ich
werde im allgemeinen vermutlich als nett wahrgenommen. Oder
als seltsam und arrogant. Meine Großmutter sagt öfter, daß
ich arrogrnat sei. Dabei stimmt das nicht. Ich bin nicht
arrogant.

Heute las ich mir die Akten von ein paar Bewohnern durch
und es ist erstaunlich welche Entwicklung sie genommen
haben, seit sie in dieser Einrichtung sind.
Selbst "hoffnungslose Fälle", die von ihren Eltern am
liebsten im Keller versteckt worden wären, sind so weit
gekommen, daß sie arbeiten gehen können und ein akzeptables
Sozialverhalten an den Tag legen. Vor dem Engagement der
Betreuer und der Leistungsfähigkeit der Behinderten müßte
man eigentlich jeden Tag den Hut ziehen.




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