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2004-05-13 22:59:46 (UTC)

schmiede

die schmiede ist wie ein spielplatz für die großen jungs.
man darf sich schmutzig machen, darf laut sein, auf sachen
herumschlagen. und obwohl ich mich wie ein idiot benehme,
ich denke, man darf von menschen in meinem alter, mit
meinem geschlecht, zurecht erwarten, daß sie mit
bohrmaschinen und rechenschiebern und motorsägen umgehen,
maße in millimeter umrechnen, vielleicht sogar in der
einheit millimeter denken, usw. können. konnte ich auch
mal. als ich noch zur schule ging. aber das habe ich,
scheints, komplett verlernt. ich muß mir also vieles
erklären lassen, was die anderen auch mit großer geduld und
großer nachsicht und vielleicht einigem vergnügen, machen.
die schmiede ist sehr *am kopf kratzt* männlich, komplett
mit pin-up-kalender, die toiletten haben festivalcharakter,
soll heißen, um infektionen im genitalbereich zu vermeiden,
sollte man im stehen pinkeln oder sich das wasserlassen
viele stunden verkneifen können. bei tisch wird gerülpst,
es fallen redewendungen wie „OK! Du bist ungefickt, ich bin
ungefickt, niemand wurde gefickt. Ist halt ein schlechter
Tag!“ die mitarbeiter denken in anderen bahnen als die
krankenschwestern und da andere weibliche personal mit dem
ich bislang zu tun hatte. ich muß mich erst darauf
einstellen, mich gelegentlich (als geste der
mannhaftigkeit?) am sack zu kratzen oder in der nase zu
bohren und den popel dann irgendwo in den raum zu
schnipsen.
sie reden über autos, interessieren sich kein bißchen für
politik. ich habe kaum anknüpfungspunkte. außerdem verfalle
ich mal wieder in das muster, die arbeit der anderen über
den klee zu loben um so sympathiepunkte zu gewinnen. bei
frauen funktioniert sowas. zusammen mit einer gewissen
unwissenheit weckt solches verhalten bei ihnen mütterliche
instinkte, was sie wiederum dazu verleitet, dem „armen
kind“ viele fehler zu verzeihen. bei männern funktioniert
sowas nicht. männlich zu sein bedeutet, zu saufen, zu
rülpsen und die arbeitshose so zu tragen, daß arsch halb
rausguckt wenn man sich bückt. ich kann nicht sagen, das
mir das gefällt. sonst macht mir die arbeit spaß. ich bin
jeden abend erschöpft, habe muskelkater im nacken, im
bizeps, im trizeps, in den unteren rückenstreckern, in den
brustmuskeln und da ich die katze nur morgens und abends
sehe, freue ich moich auf sie, auf eine kanne kaffee. zu
lernen macht mir spaß, machte es schon immer, ist die
einzige sache, der ich etwas abgewinnen kann obwohl sie
sinnlos ist weil mein wissen mit mir endet. in der schmiede
lerne ich die ganzen acht stunden über (8:00h – 17:00h).
einer der praktikanten findet, daß „Menschen seltsame
Wesen“ sind „weil sie sich irrational verhalten“. neben dem
lernen erfreue ich mich daran, etwas zu schaffen, etwas mit
meinen händen herzustellen, etwas faßbares, etwas zu formen
mit meiner hände arbeit. am anfang sind es edelstahlrohre,
am ende ist es ein zaun, der zusammengeschweißt, geflext,
gesägt, gebohrt etc. wurde. ich glaube, daß diese art
tätigkeit, in der kreativität und genaue vorgaben, in form
von längenangaben, materialangaben, ..., eideutigen
prozeßabläufen die mit improvisationsgeschick hand in hand
geht, sehr befriedigend sein kann. gleichwohl weiß ich nach
drei tagen noch nicht, ob ich diesen beruf erlernen will,
denn ich denke mit grausen an den unterricht im
fach „Technisches Zeichnen“ und „ESP (Einführung in die
sozialistische Produktion)“ zurück, wo es darum ging, zb.
aus einem blech bestimmter größe, eine bestimmte anzahl
vorgegebener figuren möglichst effizient herauszuschneiden.
voher hieß es, dazu eine technische zeichnung auf
millimeterpapier anzufertigen. sowas macht mich ganz
kribbelig, so kleinkram, solche fummelei und die
vorschrift, für bestimmte linienarten bleitsifte in
bestimmten härtegraden zu verwenden und *blah*.
gleichbleibende prozesse sind gut und es ist gut, sie in
den verschiedenen prozessen variabel kombinieren zu können
bzw. zu müssen. einen anfang und ein ende zu haben, eine
skizze die man abarbeiten kann. ist schwierig zu erklären.
skizzen und definierte arbeitsprozesse geben sicherheit,
die möglichkeit, unter verschiedenen methoden (zb. MIG-
oder MAG-, oder ... –schweißen) wählen zu können, läßt der
kreativität genügend spielraum.
da ich nur von montag bis donnerstag arbeite, kann ich nun
drei tage lang meinen muskelkater auskurieren. während der
arbeitszeit esse ich nicht und obwohl mein magen knurrt und
mir schwindelig wird etc. , habe ich kein hungergefühl.

heute morgen saß ein mann im zug der sein frühstück
verzehrte. dieses schmatzende geräusch das manchmal beim
kauen ensteht, obwohl der mund geschlossen ist, und das
schluckgeräusch, verursachen mir angstzustände und am
liebsten wäre ich weggelaufen. ich weiß nicht, wieso das so
ist, aber ich konnte dieses geräusch schon vor 14 jahren
nicht leiden, als ein typ gegessen hat und dabei schnaufte
weil er polypen in der nase hatte. ich hätte ihm am
liebsten das brot aus der hand und die zähne eingeschlagen
damit dieses geräusch aufhört. ich kann es weder bei
anderen noch bei mir selbst leiden und muß, wenn es
auftritt, schwer dagegen ankämpfen, das essen auszuspucken
bzw. den raum zu verlassen. wieos amcht sowas mir angst?





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